Autor: Frenzel, Franz Christoph, Ehrlich, Carl Gotthilf
Auflagennummer (WdK): 11
Sammlung: Realienbuecher vor 1871
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch, Lehrbuch
Konfession (WdK): gemischt konfessionel
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wegung-, ohne Smvsinduna da. Wenn ein Mensch seine-
Sinne mid alle Glieder seines Leibes nicht mehr gebrau-
chen kann, so nennen wir ihn todt. Ein todter Mensch
kann nicht mehr durch seine Sinne empfinden und sich
von selbst bewegen. Daö Leben bestehet also in der
Verbindung zwischen Seele und Leib; wenn aber diesem
Verbindung aufhöret, so erfolgt der Tod.
Die Vorzüge deö Menschen- vor fcen. Pflanzen:
und Thieren..
Ä8enn wir die Dinge um uns her betrachten, so. finden
wir einen großen Unterschied unter denselben. Einige von
denselben können empfinden und sich von selbst bewegen;
diese nennen wir lebendig, und Thiere und Menschen
gehören dazu. Andere aber können dies nicht; diese nennen
wir leblos und rechnen dazu Pflanzen und Steine.
Die Pflanzen entstehen, mdem sic aus der Erde hcr-
vorwachsen, aus welcher sie durch die Wurzeln Säfte an sich
ziehen, welche ihnen zur Nahrung dienen, wodurch der
Wachsthum derselben befördert wird. Die Thiere ent-
stehen auch, indem sie von andern Thieren entweder le-
bendig geboren, oder aus Eiern ausgebrütet, oder wie
die Polypen durch Abschnitte fortgepflanzt werden, und
nähren sich von Speise und Tränk.
Die Pflanzen sind erst klein, dann wachsen sie und
werden größer; aber nach einiger Zeit verwelken sie wie-
der und verdorren endlich. Die Thiere sind auch an-
fänglich klein, dann wachsen sie und werden größer;
aber endlich werden sie alt und sterben.
Die Pflanzen können sich nicht von selbst bewegen,
sie wissen auch nicht, daß sic da sind. Die Thiere
können sich von selbst bewegen, denn sie haben eine Seele,
welche empfindet und will.
Die Thiere haben einen Leib, die Menschen auch;
doch ist der Leib der Thiere von dem Leibe der Menschen
unterschieden...
Der
Autor: Frenzel, Franz Christoph, Ehrlich, Carl Gotthilf
Auflagennummer (WdK): 11
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— 57 —
Der Skier hat Hörner, um sich damit zu vertheidigen,
der Mensch aber nicht; die Katze hat einen Pelz, welcher
sie vor der Kälte bewahrt, der Mensch aber nicht; die Katze
kann klettern, der Vogel fliegen, der Fisch anhaltend und
unter der Oberfläche des Wassers schwimmen, der Mensch
aber nicht; und doch weiß sich der Mensch immer zu
helfen, weil er eine Seele hat, welche viele Dinge ver-
gleichen und unterscheiden, welche urtheilen und
schließen kann. Daher kommt es auch, daß der Mensch
genöthigt ist, nachzudenken; die Thiere aber nicht.
Der Mensch hat Hände, mit welchen er viel Nützliches
und Schönes verfertigen kann. Mit ihnen kann er schrei-
den, schnitzen, nähen, drechseln, die Pferde regieren, säen,
ernten u. s. w. Wenn ein Thier auch so klug, wie ein
Mensch wäre, so würde ihm seine Klugheit ohne Hände
nichts helfen, und er würde seinen Zustand wenig verbes-
sern können. — Das Thier must sich mit seiner Kraft be-
gnügen; der Mensch aber kann durch sein Nachdenken
Werkzeuge und Maschinen erfinden und mit seinen Hän-
den verfertigen, mit welchen er seine Kräfte überaus
vermehren kann. Mit der Wagenwinde, nüt dem Hebet,
mit der Rolle und andern Werkzeugen kann er die größ-
ten Lasten heben; mit der Flinte kann er die stärksten
Thiere bezwingen; auf Schiffen wandelt er über das
Meer; mit dem Luftballon fährt er in die Lnft. Er baut
sich feste Wohnungen, worin er sich gegen wilde Thiere,
Kälte, Hitze, Regen und Wind schützt. Er sichert sich
durch Dämme gegen Uebcrschwcmmungen, und durch
Gewitterableiter gegen den Blitz.
Viele Thiere können zwar einen Laut von sich geben
und schreien; aber sie können diesen Ton nicht durch
Zunge, Zähne und Lippen vielfach abändern. Der
Mensch kann die Töne im Munde durch die Sprachwerk-
zenge zu Worten bilden und sprechen. Durch die
Sprache geben wir Andern unsre schmerzlichen und unsre
angenehmen Empfindungen zu erkennen.
Wenn die Menschen sprechen, so denken sie sich etwas
dabei, und suchen dem, mit welchem sie sprechen, ihre Ge-
danken durch vernehmliche Laute zu verstehen zu geben.
Wenn ein Mensch spricht, und andere Menschen
ihn
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Autor: Frenzel, Franz Christoph, Ehrlich, Carl Gotthilf
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digt, die sie aber gleich ihrer Obrigkeit überlieferte, um
auch dies Geld zur Erbauung eines Kothens für sie auf-
zubewahren ; sie sagte aber dabei: „Weil der liebe Gott
mich durch gute Menschen so reichlich segnet, so bitte ich,
mir einen halben Gulden von dem Gelde zu besserer
Pflege meiner armen kranken Eltern zu geben; ich will
cs immer Ehrlich anzeigen, wenn ich zu ihrer Pflege etwas
brauchen werbe."
Verehrungswürdige, fromme Seele! Wie oft wohnt
die größte Tugend in armseligen Hütten!
Der Ostinclische Wilde.
F.
alter katholischer Geistlicher, der sich aus eige-
nen» Berufe nach Ostindien unter die Wilden begeben
hatte, sie besser und glücklicher zu machen, erzählte
folgende Geschichte :
Einst gegen Abend kehrte ich mit, meinen Hausge-
nossen von einem Spatziergange zurück, und wir hörten
an der Oessnung des Waldes Klagetöne; gingen ihnen
nach und fanden unter einem Baume einen W ilden,
der alt und entkräftet auf sein Ende zu warten schien.
Anfangs wollte er nicht mit uns reden. Ach! sagte er
endlich, heute Morgen, als der Himmel roth
wurde, machte ich mich au f uucl h ofi te
nach meiner Heim a th zu kominen. Nun h ab'
ich mich verirrt; cs wird dunkel, ich bin
müde, nun muss ich liier liegen bleiben,
liier werden Schlangen oder wilde Thiere
oder meine Feinde mich in der Nacht um-
bringen. Ach, mein armes Weib und meine
K i i» der!
Uns jammerte seiner. Ich bat ihn, mitzugeben. Aber
Du kennest mich nicht. „Ich brauche Dich nicht
zu kennen," sagte ich, „komm!" und wir führten ihn in
meine Hütte. Nachdem er die nöthige Stärkung zu sich
genommen hatte, bereitete ich ihm ein Lager, dicht an
meinem Bette, so dass wir nur eine dünne leinene Wand
, zwischen
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zwischen uns hatten. Fr legte, sich hin. Mitten in der
Pi acht weckte mich ein Geräusch, als ob der Wilde
vpn seinem Lager ausstände. Ich erschrack und horchte.
Wie sehr aber that mein Schrecken ihm unreell Ü Ich
werde cs nie vergessen. Er war niedergeknieet und
betete, ungefähr mit folgenden Worten: O Gott! ich
danke Dir, dass auf meinem Wege die Sonne
ges bienen hat; ich danke Dir, dass mich
keine Schlange gestochen, dass mich kein
wildes Thier angefa 11 e n, dass meine Feinde
mir nicht begegnet sind. Ich danke Dir,
dass dieser gute Fremde gekommen ist und
mich in seine Hütte gefährd hat. O Gott!
wenn dieser F remde, ode r wenn s e i n c F r e u n-
de oder seine Nachkommen reisen: so gib
ihnen auch die Sonne, so bewahre sic vor
Schlangen und wilden Thieren, und vor i h-
r e n F c i n d c n. Und wenn sich einer veri r r e t
und am Wege liegt, so lass auch einen guten
Mann kommen, der ihn mit in seine Hütte
nehme!
Der dankbare Jude.
•Ein Schiff voll Reisender, die aus Ostfries land
nach Holland gingen, grösstcntheils um daseihst in
der Ernte zu arbeiten, strandete, und alle waren in
Gefahr zu ertrinken.
Etwa vier Personen klimmten den Mast hinan und
hielten sich da fest. Einen von diesen, der ein Bauer
war, hat ein Jude um Erlaubn iss, sich an seinen Fuss
zu hängen, weil er sonst nirgends mehr Rettung
fände. Der Bauer verstattete es, und der Jude wurde
nebst manchem der Uebrigen durch ein dazu kom-
mendes Schiff gerettet.
Der Jude schrieb des Bauers Namen und den Namen sei-
nes Dorfs aul, dankte seinem Lebenserhalter und ver-
sprach, ihm, so bald er könnte, thätig zu zeigen, dass er
erkenntlich wäre. „Reise hin, in Qottus Namen, sagte der
Bauer;
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und siehe da! ein Bienchen saß auf der Zunge, welches
im Honig gewesen war, und hing mit dem Stachel au
Hanuchens Zunge. Die Mutter nahm zwar die Biene
weg, aber die Zunge schwoll so stark auf, daß Hanucheu
den ganzen Tag keinen Bissen essen konnte.
Die übrigen Kinder aßen ihre Semmeln mit Honig.
Sie schmeckten ihnen sehr gut, und Karl sprach: Das
Fest, welches lins der Vater gemacht hat, gefällt mir.
Lotte sah durch das Fenster und sah Miuchen, des
Nachbars Tochter, gehen.
Das arme Miuchen! sprach sie; ihr Vater hat keine
Bienen und kann ihr keinen Honig auf Semmeln strei-
chen. Liebe Mutter! willst Du 'Nachbars Miuchen nicht
auch ein paar Semmeln mit Honig geben?
Recht gern, mein Kind, sprach die Mutter, gab ihr
die Semmeln mit Honig, und Lotte trug sie zu Miuchen.
Was für eine Freude das Mädchen hatte! Wie sie Lott-
chen dankte! und nun schmeckte Lottchcrt ihr Honig noch
einmal so gut.
Der Fischteich.
^)err Herbst hatte einen Teich, in welchem viele Kar-
pfen und Schleien waren. Wenn er nun seinen Kindern
eine Freude machen wollte, so ging er mit ihnen an den
Teich ; jedes nahm ein Stück schwarzes Brod mit/ und
dann brachen sie davon, warfen es in das Wasser, und
die Fische schnappten cs weg. Da saßen sie nun oft eine
Stunde lang und sahen zu, wie die Fische auf- und ab-
schwammen,' die Käfer, die im Wasser leben, hin und her
fuhren, hier und da ein Frosch den Kopf ans dem Wasser
steckte, und — husch! — wieder hinunter war, wenn ihm
ein Kind zu nahe kam.
Da wünschten die Kinder mm oft: Wenn ich nur ein-
mal ein solches Thier fangen und in der Nähe schm
könnte! Herbst ließ es aber nie zu, daß ein Kind darnach
griff. War dies wol recht? Ich glaube wol. Ein Kind
ist kein Frosch und kein Fisch, die im Wasser leben. Wenn
eins von ihnen in das Wasser fiele, so wäre cs aus
mit ihm. Einmal
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1ü1 —
in welchen diese Thiere waren, trugen sie dahin und
leerten sie ans. Das war ein Spaß über alle Spaße!
die Kinder freueten sich alle, da sie diese Thiere im
Teiche umherkriechen und Hüpfen sahen.
Jetzt sollte der Zug nach Hause gehen. Ebe der Vater
aber fortging, fragte er den Bernhard: Haben wir diese
Thiere >vol in den Teich gethan, daß sie sterben, oder
daß sie leben sollen?
Daß sie leben sollen! war Bernhardts Antwort. Nun,
sagte der Vater, so müssen wir auch dafür sorgen, daß
sie leben können. Er ließ darauf,das Loch zustopfen,
durch welches das Wasser abfloß, und bald sing das
Wasser im Teiche wieder an zu steigen, und alle Thiere
waren in dem Wasser lustig.
Nun ging es nach Hause. Die Mutter, die voraus
war, hatte eine gute Mahlzeit, unter andern auch eine
Schüssel voll Krebse gekocht. Diese schmeckten den Kin-
dern herrlich, weil sie sich zuvor ein paar Stunden in
freier Luft bewegt hatten.
Da sie satt waren, sagten sie alle: Wir danken Dir,
Vater; Du hast uns heute ein rechtes Fest gemacht!
Die Naupenfeinde.
^^cr Amtmann Müller hatte einen guten alten Gärt-
ner, der es sich herzlich sauer werden ließ, den Garten
seines Herrn immer im besten Stande zu erhalten. Aber
er konnte eben darum auch sehr verdrießlich werden, wenn
alle seine Mühe zuweilen nichts half. Eines Tages — es
war im Frühjahr — begegnete ihm sein Herr im Garten.
Wie gehts? fragte der Amtmann. — Ach, es geht leider
sehr schlecht, lieber Herr! antwortete der Gärtner mit
einem sehr verdrießlichen Gesicht: ich habe nun alle Tage
so fleißig die Raupen abgelesen und die Raupenneftcr
vertilgt ! und da sind doch fast in allen Blüthen wieder
Raupen! Wenn ich nur wüßte, wie ich die häßlichen
Thiere alle auf einmal vertilgen könnte.
Der Herr. Lieber Mann, sei Er nicht verzagt!
Murre Er nicht! Der
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— 1ö3 —
denken. Wenn wir selbst alle Raupen vertilgen sollten,
was wollten wir doch wol anfangen?
Die Eier der Stammraupenschmetterlinge in
ihrem Pclzwerke können wir zur Noth wol vermindern,
denn sie sitzen uns vor den Augen. Wir können sie bei
Tausenden zerstören. Bei den Ringelraupen geht
das schon nicht an.
Der Gärtner. Ich habe in meinem Leben schon viel
St; aber die Ringeleier sitzen gar zu hoch und anden
. en Reisern; wer mag da hinauf!
Der Herr. Sieht Er wohl! Zu denen können wir
schon so nicht kommen, wie wir wünschen.
Allein nun will ich Ihm etwas sagen, was ihm recht
freuen wird. Eine fast unsichtbare kleine Fliege vertritt
unsere Stelle. Diese wird nach Gottes weiser Einrich-
tung unser Freund, und ein geschwvrncr Feind
dieser Raupen.
Sie bohrt durch den festen Kitt durch, womit diese Ei-
erchen verleimt sind, und legt in jedes Ei ihr eigenes
Eichen. Klein genug! Wenn dann die kleine Fliegenmade
auskommt, so frißt sie das auf, woraus die kleine Raupe
geworden wäre. Also können dann aus diesen Eiern keine
Raupen entstehen. Sie sind von kleineren Feinden zerstört.
Er braucht also nicht in die höchsten Gipfel der Bäume zu
steigen und wegen der Ringelraupen sein Leben zu wagen.
Dafür schickt Gott eine kleine Fliege hin, die sie zerstört.
Der Gärtner. Nun,das ist doch wunderbar! Wer
hier nicht Gottes Fürsorge siehet, der siehet sie nimmer-
mehr. Ich fühle jetzt noch einmal so viel Vertrauen zu
dem lieben Gott.
Der Herr. Eben so ist es mit den Rüsselkäfern,
deren Larven die Blüthen ausfressen. Da diese gemeinig-
lich des Nachts ihre kleinen Eier daran legen, wie wollten
wir sie abhalten! Wer weiß aber, was für Feinde
diese wieder haben, dße uns noch unbekannt sind. In
der Natur ereignen sich sonst noch andere Umstände,
die den Blüthenraupen günstig sind, und die wir
schlechterdings nicht in unserer Gewalt haben. Ist in der
Blüthzcit zu trocknes, oder auch zu kaltes und regnichtes
Wetter, das acht bis vierzehn Tage anhält, so wird das
N Aufge,
Autor: Frenzel, Franz Christoph, Ehrlich, Carl Gotthilf
Auflagennummer (WdK): 11
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Uns rige thun, lieber Freund, und dann den großen
Hausvater regieren lassen. Der weiß mehr Mittel gegen
die.raupen, als wir. Der hat schon gesorgt, wie weit
sie kommen sollen, und hat ihnen mehr Feinde zugeordnet,
als wir kennen.
Der Gärtner. O! sagen Sie doch, wie es damit
ist. Das höre ich gar zu gern.
Der Herr. Da gibt cs so viele Vogel, Käfer und
andere Infecten, die den gefährlichsten Raupen, den
Blüthraúpen, gleich auf dem Fuße nachgehen und sie
da wegholen, wohin wir nicht einmal kommen können.
Ich will Ihm jetzt eine ganze Armee vorführen, welche
wider die Raupen zu Felde geht. Die liebe Nachtigall
thut gewiß das Ihrige redlich. Wie manches Nänpchen
und Würmchen holt sie weg und wird eben durch diese
Lockspeise von den undankbaren Menschen gefangen.
Die Fliegenschnepper, Nothschwänzchen, Nothkehlchen,
Bachstelzen, Finken, Spechte, Baumläufer, Fledermäuse —
selbst unsere Sperlinge, die wir ja nicht ausrotten
dürfen —* das alles sind eifrige Ranpenfeinde. Besonders
holen die letzten: die Blüthenranpen heraus, wenn wir
denken, daß sie Knospen abbrechen.
Der Gärtner. Ists möglich! Ach, so habe ich den
guten Sperlingen schon oft unrecht gethan; denn wenn
ich sie sehe, so hole ich gleich die Flinte.
Der Herr. So thut uns manches Thierchttt eine
Wohlthat, die wir als Schaden ansehen. ^ Die Meise n,
Zaunkönige und Gol dh ähnelten wissen die verbor-
gensten Schmetterlinge, die wir nimmermehr finden wür-
den, aufzuspüren und picken sie sorgfältig aus. Außer-
dem gibt es noch so viele große Baumwanzen und Erd-
käfer, welche eben dies thun. Besonders wüthen diö groß-
ßen goldgrünen Käfer unter den Raupen; desgleichen die
Wespen, die Schlupfwespen, welche ihre Eier in die le-
bendigen Raupen legen, da dann die kleinen Maden, welche
daraus entstehen, die ganze Raupe inwendig ausfressen.
Auch die Ameisen gehören zu den Feinden der Raupen;
sic würgen unter ihnen, wie die Wölfe unter den Scha-
fen. Was würden wir schwache Menschen gegen das zahl-
N 2 lose
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196
i
lose Hcer der Raupen ausrichten, wenn diese Naupen-
feiude uns nicht sv sehr unterstützten.
Der Gärtner. Gott sei dafür gedankt; er hat Al-
les wohl gemacht.
Der Herr: Ich denke immer so von dieser Sache.
Wenn sich einmal, aller menschlichen Borsicht ungeachtet,
in einem Jahre die Raupen ungewöhnlich vermehren, so
werden sich ohne Zweifel nach der Ordnung, welche Gott
in der Natur festgesetzt hat, auch diejenigen Geschöpfe stark
vermehrt haben, die sich von den Raupen nähren. Und
dieser Gedanke bestätigt sich auch durch die Erfahrung;
denn man hat bemerkt, dasi wenn sich irgendwo die schäd-
liche Grasraupc sehr vermehrt, sogleich große Schaaren
von Saatkrähen sich dahin ziehen und sie vertilgen. Und
welch' eine weise, wohlthätige Einrichtung ist das! Ist
es also nicht Sünde, über Gottes Ordnung zu klagen !
Dienertreuc.
Cf m m a, zuletzt Präsident von Tiefland, war anfänglich
Sekretär des Grafen Oftermaun und mit in die Ungnade
des Ministers so verwickelt, daß er, wie sein Minister,
nach Sibirien geschickt wurde. Bevor mau ihn arrctirte,
war sein Bedienter von ihm in Aufträgen aufs Land ge-
schickt worden und wunderte sich, als er zurückkehrte, nicht
wenig, daß sein Herr fort wäre. Er erkundigte sich
scheltend, wohin er gegangen wäre.
„Er wird nun bald in Sibirien ankommen!" sagte
ihm eine Magistratsperson.
„Daß Dich! Mir hat er davon kein Wort gesagt, daß
Dich! Hm! Können Sie mir nicht den Ort seiner Ver-
weisung selbst sagen?"
„Er ist der und der."
„Nun, so will ich noch heute Alles aufpacken und zu
Gelde machen. Ich werde da sein, ehe er sichs versieht."
Da halfen keine Vorstclllmgen. Er verkauft, was und
wie er kann und kommt glücklich bei Emma in Sibirien
an, um ihm die herbsten Vorwürfe wegen der raschen
Abreise zu machen. Umsonst versucht es dieser, sich da-
gegen zu vertheidigen. „Und
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T30: [Tier Vogel Mensch Pferd Hund Fisch Thiere Nahrung Eier Wasser], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
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Autor: Frenzel, Franz Christoph, Ehrlich, Carl Gotthilf
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Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch, Lehrbuch
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muß beim der Unterschied stecken? Er konnte cs ohne Hilfe
des Vaterö nicht herausbringen. Der Unterschied schien ihm
so deutlich, und doch konnte er ihn nicht angeben.
Wenn Sultan, sagte der -Vater, alles frißt, was ihm
vorgesetzt wird, ohne eben sehr darauf zu sehen, ob's
Fleisch oder Suppe oder Brod ist, und fast nie genug bc*
kommen kann, so wurdest Du ihn gewiß nicht lecker nennen.
Wenn aber Murner, habe er auch noch so viel vor sich,
nichts anrührt, weil es ihm nicht niedlich und angenehm
genug ist, oder wenn er sich aus einem ganzen Teller voll
die besten Bißchen aussucht, so würdest Du gewiß nicht
sagen, daß er gefräßig sei. —
Nun konnte Karl sagen, worauf cs dabei ankam.
An merk. Der gefräßige Hund ist auch gierig. — Er
hat Gier (Begierde), starkes Verlangen nach dem Fressen,
— Ein Tiger ist ein blutgieriges Thier. Manche
Menschen sind neugierig.
Bewundern, verwundern.
Ich bewundere Dich heute, lieber Vater, sagte Karl
eines Morgens, daß Du so müssig sitzest, da Du sonst
Dich inimer gleich au Deinen Arbeitstisch setzest. — Mein
Sohn, Du wunderst Dich nur, oder Du verwunderst
Dich, antwortete Herr Ernst.
Karl merkte wol, daß der Vater Recht hatte- und
daß bewundern wol etwas anders bedeute, als sich
verwundern.
Warum verwunderst Du Dich darüber, daß ich müssig
bin? Nicht wahr, weil Du es so selten an mir siehst? Es
ist Dir etwas Ungewöhnliches, es kommt Dir sonderbar
vor? — Du weißt nicht, warum ich müssig bin? Nicht
wahr, das wolltest Du sagen?------Karl bejahte es.
Aber wenn Du jetzt von einer außerordentlich großen, ed-
len Handlung eines Menschen hörst, z. B. daß sich ein
Mensch mitten in ein brennendes Haus bei allem Anschein^
von Lebensgefahr gestürzt und ein Kchd gerettet habe,
welches sonst verbrannt wäre, nicht wahr, Du würdest dann
eine große Hochachtung gegen einen solchen Menschen füh-
le u?
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
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Extrahierte Personennamen: Karl Karl Karl
eines_Morgens Karl Ernst Ernst Karl